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Die erste Anregung, das Turnen in Neudamm N/M einzuführen, ging vor allem von den Herren: Lehrer R. Großmann, Julius Krause, Reckling, W. Bleißner und Fritz Grundmann aus. Als Tag der Gründung des Vereins wurde der 26. Mai 1860 festgesetzt, an welchem Tage die ersten Turngeräte auf dem Turnplatz eingegraben wurden. Am 4. Juni 1860 fand in Anwesenheit von 18 Mitgliedern schon die erste Vereinssitzung statt, in welcher durch Stimmzettel der Vorstand gewählt wurde und die entworfenen Statuten des "Turn-Vereins zu Neudamm" genehmigt wurden.

In der Sitzung am 11. September 1865 wurde u.a. Herr Karl Buchholz, der spätere langjährige Gauvertreter der nordwestlichen Neumark in den Verein aufgenommen. Am 22. November 1866 wurde beschlossen, das Vereinslokal von Grundmanns Hotel (früher "Deutsches Haus") in Kerns Gesellschaftshaus (jetziger Vereinswirt Rudolf Kügler) zu verlegen. Am 12. September 1872 wurde die Errichtung einer Turnerfeuerwehr besprochen, nachdem Kreisrichter Saebisch über diese Angelegenheit einen Vortag gehalten hatte. - Zwei Monate später, am 4. November 1872, wurde die Errichtung einer Turnerfeuerwehr beschlossen. Die Vorarbeiten wurden einer Kommission übertragen, bestehend aus den Herren: Fr. Bleißner, Saebisch, Stambke, W. Preuße, C. Täubert. Zur Unterstützung wurden ihnen die Mitglieder des Vorstandes: Brückner, Schäfer, Fr. Schneider, Werbke, H. Krause und L. Kruß beigegeben. - In der Sitzung am 9. Dezember 1872 wurde dem Schriftwart der Ankauf von ungefähr 60 Stück alten Militärhelmen und die Herbeischaffung eines vollständigen Anzuges zur Generalversammlung übertragen. - In der Generalversammlung am 16. Dezember 1872 wurden vom Kreisrichter Saebisch die neuen Statuten vorgelesen, angenommen und beschlossen, diese dem Magistrat zur Genehmigung vorzulegen. - Die Einrichtung der Feuerwehr nahm nun einen raschen Fortgang. Schon in der nächsten Generalversammlung am 23. Dezember 1873 konnte die freudig aufgenommene Mitteilung gemacht werden, daß die hiesige Kreditgesellschaft der Feuerwehr 100 Taler zur Anschaffung von Gerätschaften u.s.w. geschenkt habe. Kreisrichter Saebisch überreichte 5 Taler 3 Pfennige als Ertrag einer Skatpartie. Ferner konnte der Vorsitzende C. Brückner mitteilen, daß der Magistrat die Statuten genehmigt habe. Die Anschaffung der Gerätschaften wurde der Kommission übertragen, die schon die Vorarbeiten zur Gründung der Turnerfeuerwehr erledigt hatte. Am 15. August 1875 fand das erste Gauturnfest des Gaues ebenfalls in Neudamm statt. Das fünfundzwanzigjährige Bestehen des Männer-Turn- und Feuerwehr-Vereins wurde in Verbindung mit dem Gauturntag des Gaues der nordwestlichen Neumark, am 6. und 7. Juni 1885 (Sonnabend und Sonntag) gefeiert. Am Vorabend fand ein Zapfenstreich statt, darauf im Vereinslokal turnerisch-theatralische Aufführungen. Der eigentliche Festtag wurde durch Weckruf eingeleitet. 9 ½ Uhr morgens wurde der Gauturntag in Grundmanns Garten abgehalten. Nachmittags 3 Uhr erfolgte vom Vereinslokale aus der Abmarsch nach dem Rathause, dort Abholung der Fahnen und Ehrengäste, Ummarsch durch die Stadt nach dem Festplatz bei Seelig (Am Waldessaum), dort Begrüßung der Gäste, Lied, Aufmarsch, Freiübungen, Riegenturnen, Kürturnen, Kommers, Einmarsch und Ball bei Bartsch (jetzt Kügler) und Grundmann. - Am 15./16. Juli 1893 fand das Gauturnfest, übernommen von beiden hiesigen Vereinen statt. - Am 8. Juli 1901 wird Turngenosse C. Wippler als erster Turnwart gewählt. Am 14. Januar 1902 wird durch den derzeitigen Turnwart C. Wippler eine Damen-Abteilung gegründet, der sogleich 22 Turnerinnen beitraten. Aus Zweckmäßigkeitsgründen erfolgte am 18. März 1908 - also nach mehr als fünfunddreißigjährigem Zusammenwirken - die Trennung der Feuerwehr vom Turnverein. Die Freiwillige Feuerwehr hat seitdem nichts mehr mit dem Männer-Turn-Verein gemeinsam; sie hat ein eigenes Statut, eigene Schrift- und Kassenverwaltung und eigene Versammlungen. Die Trennung hatte zur Folge, daß nunmehr jeder männliche Einwohner der Stadt, der das erforderliche Alter erreicht hat und den sonstigen Anforderungen entspricht, in die Freiwillige Feuerwehr eintreten kann, ohne damit gleichzeitig Mitglied des Turnvereins werden zu müssen. Der Turnverein hatte gleichwohl durch die Trennung keine Mitglieder verloren, da sämtliche damals dem Turnverein angehörenden Wehrmänner auch weiterhin Mitglieder des Turnvereins geblieben sind. Der Turnverein hatte trotz der Trennung seinen alten Namen "Männer-Turn- und Feuerwehr-Verein" beibehalten. Sein 50jähriges Jubelfest konnte der Männer-Turnverein in Verbindung mit dem 24. Gauturnfest der nordwestlichen Neumark am 11. und 12. Juni 1910 feiern. - Das Fest selbst, von dessen Teilnehmern es noch manchem vergönnt sein mag, heute das 65jährige Bestehen unseres Vereins mitzufeiern, hatte viele Turner auswärtiger Vereine aus Bärwalde, Berlinchen, Fürstenfelde, Königsberg, Lippehne, Ludwigsruh, Mohrin, M.-T.-V. und TV Eiche Neudamm, Schönfließ, Soldin, Vietz und Zellin. Außerdem als Gast der "Ältere Turnverein" aus Cüstrin. Die Stadt hatte ein ausnahmsweise festliches Gewand angelegt, und fast die gesamte Einwohnerschaft war wohl auf dem Festplatz im Walde vertreten. In der außerordentlichen Versammlung am 6. Mai 1920 wurde der Ankauf des Turnplatzes in der Neustadt mit der dazugehörigen Schweinewiese beschlossen. Durch Aufschüttung des Sumpfgeländes haben wir uns im Laufe der Zeit einen wirklich guten Turnplatz geschaffen, welcher allen Anforderungen unseres Vereins genügen wird. Zum ersten Male wird in diesem Jahre auch das Gauturnfest auf unserem eigenen Platze gefeiert werden können. Am 10. April 1924 erschien die erste Nummer der "Vereins-Zeitung", welche in anerkennenswerter Weise von einigen Mitgliedern des Vereins vollständig umsonst hergestellt war. Heute, nach einjährigen Bestehen der "Vereins-Zeitung", kann festgestellt werden, daß sich dieselbe gut bei den Mitgliedern eingebürgert hat. Die Entwicklung des Vereins macht befriedigende Fortschritte. Die Mitgliederzahl beträgt augenblicklich über 500 und wird sich hoffentlich auf dieser Höhe halten. Geturnt wird regelmäßig und der Turnbesuch ist in allen Abteilungen wohl ein guter zu nennen. Leider macht sich aber das Fehlen einer Turnhalle auch hier am Orte sehr bemerkbar. Die Turnstunden der Männer- und Jugend-Abteilung finden jeden Montag und Donnerstag in Küglers Gesellschaftshaus statt. Die Frauen turnen dienstags und freitags in der Turnhalle des früheren "Deutschen Hauses", woselbst auch die Alters-Riege jeden donnerstagsabends ihre Turnstunden abhält. Ebenfalls übt die Sportabteilung jeden Mittwochabend und Sonnabendabend und Sonntagvormittag auf dem Sportplatz in der Neustadt. Aus den Reihen der Sportler gingen auch mehrere Faustball- und Handball-Mannschaften hervor, welche auch regelmäßig ihre Übungsstunden einhalten. Außerdem schwimmen im Sommer Turner und Turnerinnen des Vereins im nahen See und haben sich auch zu Schwimmer-Riegen zusammengeschlossen. Die "reinliche Scheidung" zwischen Turnen und Sport hatte zur Folge, daß im Jahre 1924 die Fußball-Abteilung sich vom Verein lossagte. Schweren Herzens sahen wir unsere "Fußballer" von uns scheiden. Mit unserem Bruderverein "Eiche" leben wir im guten Einvernehmen und in Übereinstimmung mit dem Ziele: "Zum Heile der Deutschen Turnerschaft und unseres lieben Vaterlandes!"

So kann der Männer-Turnverein heute mit hoher Befriedigung auf ein 65jähriges Bestehen zurückblicken und mit frischem Mute in die Zukunft schauen. Der vielseitige Wert des Turnens wird ja heute allgemein anerkannt, so daß man darüber nicht mehr viele Worte zu machen braucht, um so weniger, als es ernst zu nehmende Gegner des deutschen Turnens kaum noch gibt. Die Pflege der Leibesübungen in ihrer heutigen Entwicklungsform trat als planmäßige, allseitige Leibesübung an die Stelle volkstümlicher oder ritterlicher Leibesübungen. Aber erst der Turnvater Jahn, der 1811 den ersten Turnplatz in der Hasenheide gründete, stellte das Turnen unter den Gesichtspunkt der Erziehung fürs Vaterland. Seitdem hat das deutsche Turnen und damit das gesamte Turnvereinswesen einen ungeahnten Aufschwung genommen. Dazu an seinem bescheidenen Teile ebenfalls beigetragen zu haben, darf sich der Männer-Turnverein freuen. Möge seine Arbeit auch fernerhin die Anerkennung und tatkräftige Unterstützung aller Volkskreise nicht versagt bleiben zum Wohle des einzelnen sowohl wie des gesamten deutschen Vaterlandes!

Ausschnittsweise entnommen der Festschrift zur 50. Gaujubelfeier verbunden mit dem 33. Gauturnfest in Neudamm am 20. und 21. Juni 1925. Literaturhinweis: "Kreiskalender für den Kreis Königsberg-NM", 1964