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Hutfabrik
 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In Neudamm N/M waren die Begründer der Hutfabrikation die Brüder Carl & Gustav Löwe und die Brüder Fritz & Emil Jahn, welche etwa gleichzeitig im Jahre 1880 mit der Wollfilzhut-Fabrikation begannen, und zwar zunächst in gemieteten Fabrikräumen. Die Firma Carl Löwe & Co. Arbeitete in dem sogenannten "Norddeutschen Bund", der heute der Firma Gebrüder Abraham gehört. Die Firma F. & E. Jahn hatte in der Fabrik des Herrn R. Baumgarten, ebenfalls in der Königsberger-Straße (der heutigen Konservenfabrik "Moral"), Räume gemietet. Beide Betriebe sahen sich nach einiger Zeit zu Vergrößerungen veranlasst, und die Firma F. & E. Jahn übernahm die Fabrikgebäude der Tuchfabrik von Louis Jahn im Jahre 1884, gerade zu einer Zeit, als die Fabrik der Firma R.Baumgarten einem Brandschaden zum Opfer fiel. Die Firma Carl Löwe & Co. Erbaute etwa im Jahre 1887 in der Bahnhofstraße ihr heute noch stehendes eigenes Fabrikgebäude. Nachdem die abgebrannten Fabrik von R.Baumgarten wieder errichtet war, begann diese Firma im August 1884 ebenfalls mit der Hutfabrikation. Vom Jahre 1888 bis 1896 wurde die Fabrik mit einem Teilhaber Behnemann betrieben. Gleichzeitig gaben die drei Brüder Carl, Fritz und Louis Schwartzkopf ihre Tuchfabrikation auf und richteten ihre Fabrik in der Markgrafenstraße ebenfalls zur Hutfabrikation ein. Aus dieser Firma schied Herr Fritz Schwartzkopf im Jahre 1895 aus und erbaute in der Wilhelmstraße eine Hutfabrik, welche im Mai 1900 abbrannte, aber alsbald in etwas größerem Umfange wieder neu errichtet wurde. Diese Fabrik wurde im Jahre 1913 an seinen Sohn und Herrn Hugo Endler verkauft. Nach mehrmaliger Vergrößerung und Vereinigung mit der Fabrik von F. & E. Jahn wird sie seit 1921 als Aktiengesellschaft unter der Firma: Neudammer Hutfabriken AG., vormals Fritz Schwartzkopf & Co. - F. & E. Jahn, betrieben und stellt das größte Unternehmen dieses Geschäftszweiges am Orte dar. Die heute von vier Firmen betriebenen fünf Hutfabriken haben im Laufe der Jahrzehnte eine ruhige, aber stetige Entwicklung genommen und insbesondere ihre Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit durch Einstellung moderner Maschinen gesteigert, durch die eine Vergrößerung der Produktion und Verbesserung der Qualitäten bei gleichzeitiger Herabminderung der Verkaufspreise ermöglicht wurde. Ganz besonderes Augenmerk haben die Neudammer Fabriken stets auf unbedingt zuverlässige Haltbarkeit ihrer Waren in Wind und Wetter gelenkt, auch bei ihren billigsten Artikeln, die vor dem Weltkriege schon zum Preise von 3 Mark im Laden erhältlich waren.

Eine schwere Prüfung erfuhr die Hutindustrie bei Ausbruch des 1. Weltkrieges. Zunächst ruhte in den ersten Kriegswochen jeder Geschäftsverkehr, das Geld rollte nicht mehr, Kauflust für Gegenstände, die nicht zur Ernährung oder für Kriegsbedarf bestimmt waren, fehlte vollständig, alle wehrhaften Männer wurden zu den Fahnen einberufen, und als nach den ersten lähmenden Kriegswochen und -monaten wieder Bedarf einsetzte, wurde die im Inlande noch vorhandene Wolle für Zwecke des Heeresbedarfs beschlagnahmt. So waren die Fabriken auf Verarbeitung und Fertigstellung ihrer Vorräte an halbfertigen Waren angewiesen, mit denen sie noch eine Zeitlang einen Teil ihrer Arbeiterschaft in den Betrieben halten konnten. Dann kamen sie nacheinander zum Stillstand bis auf einen Betrieb, der sich rechtzeitig auf die Erzeugung von Hüten aus Kanin- und Hasenhaar umstellen konnte. Hier wurden die hiesigen Hutarbeiter und insbesondere Arbeiterinnen, soweit sie nicht zum Heeresdienst einberufen oder im Kriegshilfsdienst beschäftigt waren, bis zum Ende des Krieges durchgehalten. Nach Kriegsende wurden die bis dahin beschlagnahmt gewesenen Wollen alsbald wieder an die verarbeitenden Industrien verteilt, wodurch es möglich wurde, die heimkehrenden Krieger wieder ihren alten Arbeitsstätten zuzuführen.

Noch einmal wurde der Hutindustrie eine schwere Prüfung auferlegt, als mit der fortschreitenden Inflation der scheinbar hohe Papiermarkerlös für die Fertigfabrikate nicht mehr ausreichte, um die Betriebe aufs neue mit Rohstoffen in genügenden Mengen für unverändertes Weiterarbeiten zu versorgen. Nach der Stabilisierung der deutschen Währung hat sich die Hutindustrie Neudamms durch beharrliches Bemühen allmählich von den schwersten Schädigungen der Kriegs- und Nachkriegszeit wieder erholt und ist auf dem besten Wege, ihre Bedeutung der Vorkriegszeit nicht nur wieder zu erhalten, sondern noch zu erhöhen. Unsere Stadt rechnet neben Guben und Luckenwalde heute zu den Hauptorten der brandenburgischen Hutfabrikation. Es werden bei uns in der >Hauptsache aus Wolle Damen- und Herrenhüte hergestellt, von den letzteren als besonders bekannte und geschätzte Artikel die altbewährten Neudammer Loden- und Sporthüte, ferner aus Kaninhaaren die feinen Haarfilzhüte und endlich aus Hasenhaaren feinste Velour- (sogenannte Seidenvelour-) Hüte. Das Hauptabsatzgebiet für Neudammer Hüte ist naturgemäß der deutsche Markt, aber ein recht beträchtlicher Teil der Produktion wird trotz aller Hemmungen, die teils auf den Versailler Friedensvertrag, teils auf die sehr gesteigerten Produktionskosten zurückzuführen sind, ausgeführt. Neudammer Hüte gehen in fertigem oder halbfertigem Zustande nicht nur nach den verschiedensten europäischen Ländern, von denen England als größter Abnehmer anzusehen ist, sondern auch nach Übersee.